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700. Woche der Samstagsmütter und –menschen und der stets gleichbleibende Staatsterror!

Yeni KADIN | Am Samstag, dem 25. August, wurden die Samstagsmütter und –menschen, die nach ihren in Untersuchungshaft verschwundenen Kindern suchen und Gerechtigkeit fordern, erneut durch die staatlichen Repressionsorgane auf brutale Art und Weise angegriffen. Die Polizei versuchte die 700. Kundgebung zu verhindern. Diejenigen, die bei jeder Gelegenheit behaupten, dass das Paradies unter den Füßen der Mütter sei, haben erneut ebendiese Mütter angegriffen, auf den Boden gezerrt und festgenommen. Die einzige „Schuld“ dieser Mütter war es, mit einer Riesengeduld und einem Eigensinn nach ihren verschwundenen Kindern oder Angehörigen zu suchen. Vielen ist bereits bewusst, dass ihre Kinder nicht mehr lebend zurückkommen werden, daher fordern sie zwischenzeitlich zumindest die Überreste ihrer Kinder, um ein Grabstein für diese aufzustellen und ihre Trauer leben zu können. Und sie fordern Gerechtigkeit und wollen die Verurteilung derer, die für das Verschwinden ihrer Kinder und Angehörigen verantwortlich sind. Im Rahmen dieser Forderungen veranstalten die Samstagsmütter und –menschen seit 700 Wochen jeden Samstag auf dem Galatasaray-Platz in Istanbul eine stille Sitzblockade. 699 Wochen lang haben diese Mütter und Angehörigen der Verschwundenen diese Sitzblockade durchgeführt, doch in der 700. Woche hat der Staat sein wahres Gesicht gezeigt und diese friedliche und stille Sitzblockade zu verhindern versucht.

Der Vorwurf das Dasein als Mutter auszunutzen…

Der türkische Innenminister Süleyman Soylu hat den Angriff der staatlichen Repressionsorgane auf die 700. Kundgebung der Samstagsmütter und -menschen versucht damit zu rechtfertigen, indem er behauptete, dass niemand in der Untersuchungshaft verschwunden sei. Und dass diejenigen, nach denen nun seit 700 Wochen gesucht werde, innerparteilichen Auseinandersetzungen zum Opfer gefallen wären. Er ließ es sich auch nicht nehmen, die seit 700 Wochen nach ihren Kindern und Angehörigen suchenden Samstagsmütter und –menschen als UnterstützerInnen von angeblich terroristischen Organisationen zu bezeichnen und zusätzlich auch noch zu beleidigen. Abschließend behauptete er, dass die Samstagsmütter das Dasein als Mutter ausnutzen würden, und forderte ein Ende dieser Heuchelei.

Aber wer nutzt hier tatsächlich das Dasein als Mutter aus? Sind es die Herrschenden, die Frauen einzig und allein als Gebärmaschinen betrachten und jegliche Gewalterfahrung, die Frauen machen, als gottgegeben betiteln oder sind es diejenigen, die seit 700 Wochen Schulter an Schulter Gerechtigkeit für ihre Kinder und Angehörigen fordern und dabei die Ungerechtigkeiten und die Justizlosigkeit des türkischen Faschismus der Weltöffentlichkeit gegenüber anprangern? Sind es diejenigen, die das Dasein als Mutter ausnutzen, indem sie zu Propagandazwecken im Wahlkampf ihre Mütter vor laufenden Kameras besuchen und küssen oder sind es die Mütter, die in der Hoffnung, dass ihre Kinder, die durch die Polizei inhaftiert wurden, vielleicht irgendwann zurückkommen werden und dafür seit 700 Wochen voller Geduld eine stille Sitzblockade auf dem Galatasaray-Platz in Istanbul machen?

Jeder und jedem ist bewusst, dass dieser Angriff in der 700. Woche keinen anderen Grund hatte, als die Angst, die die Herrschenden diesen Müttern gegenüber verspüren. Diese Ereignisse des 25. August waren ein Ausdruck dessen, dass die Herrschenden eigentlich genau wissen, dass sie im Unrecht sind und keine Antwort auf die Forderungen der Samstagsmütter und -menschen haben. Denn die Samstagsmütter und –menschen haben bereits mehrmals gesagt, dass sie ihren stillen Protest erst beenden werden, wenn sie sehen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden und all dieser Leid sowie diese Gewalt tatsächlich ein Ende nehmen.

Ein weiterer Grund für die Gewalt der 700. Woche ist, dass auch die Herrschenden die Message der Samstagsmütter und –menschen erhalten haben. Denn die Message, die jeden Samstag aufs Neue vermittelt wird, ist, dass die einzige Losung gegen die Angriffe des Faschismus und seiner Absicht, eine obrigkeitsgehörige Gesellschaft zu etablieren, Widerstand zu leisten bedeutet. Jeden Samstag rufen die Mütter und Samstagsmenschen, dass es angesichts der systematischen Ungerechtigkeiten und Justizlosigkeit, der immer knapper werdenden Lebensmittel, der Umweltzerstörungen und der tagtäglich ermordeten Frauen notwendig ist, Widerstand zu leisten und die Zukunft in die eigenen Hände zu nehmen. Und genau aus diesem Grund, weil sie ebendiese Nachricht vermittelt bekommen haben, hat die Staatsgewalt einen weiteren brutalen Angriff auf den stillen Protest der Samstagsmütter und –menschen angeordnet. Genau aus diesem Grund versucht der türkische Innenminister nun den ehrenvollen Protest der Samstagsmütter und –menschen durch verschiedene Spekulationen in den Dreck zu ziehen und zu entwürdigen.

Der stille Schrei der Samstagsmütter und –menschen ist unser Schrei, und kann nicht unterdrückt werden!

Während wir als Yeni Kadin – Neue Frau die Angriffe gegen die Samstagsmütter und –menschen verurteilen, geben wir nochmals bekannt, dass wir gemeinsam mit den Samstagsmüttern und –menschen diesen Widerstand fortsetzen werden, bis für Gerechtigkeit gesorgt wird.

Den Aussagen des türkischen Innenministers zufolge ist anzunehmen, dass die Proteste der Samstagsmütter ab der 701. Woche verboten werden. Daher rufen wir als Yeni Kadin – Neue Frau alle und insbesondere die Frauenorganisationen dazu auf, Solidarität zu praktizieren und in der 701. Woche der Proteste der Samstagsmütter und –menschen auf die Straße zu gehen. Es gilt nun, die Stimme der seit 700 Wochen Widerstand leistenden Samstagsmütter und –menschen zu werden, denn auch sie leisten seit 700 Wochen Widerstand in unser aller Namen.

  • Die Wut der Mütter wird die Mörder strafen!
  • Jin Jiyan Azadi!