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ENTWURF Was tun..wenn ein Mensch von Abschiebung bedroht ist!
ENTWURF Was tun..wenn ein Mensch von Abschiebung bedroht ist!

ENTWURF Was tun..wenn ein Mensch von Abschiebung bedroht ist!

Es gibt wenige Zwangs-Mittel des Staates, die so deutlich vor Augen führen, in welchem System wir leben, wie das der Abschiebung. Es ist ein System von Privilegierten und Entrechteten.

ENTWURF  Was tun..wenn ein Mensch von Abschiebung bedroht ist!

ENTWURF Was tun..wenn ein Mensch von Abschiebung bedroht ist!

Die Herrschenden nennen es beschönigend: Außerlandesbringung.

Wir nennen es:

Jeder und jede von uns kann einmal in die Situation kommen, dass ein_e Nachbar_in, ein_e Freund_in, ein_e Schulkolleg_in oder ein_e Arbeitskolleg_in vor der Abschiebung steht. Das passiert in Österreich rund 6.000 Mal im Jahr. Und die Tendenz ist wieder steigend.

In dieser Situation ist es für alle Beteiligten wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht zu verzweifeln. Denn schon oft hat es erfolgreichen Widerstand gegen Abschiebungen gegeben. Und mit jeder verhinderten Abschiebung wächst auch das Wissen,wie diese erreicht werden können.

Die wichtigste Grundregel im gesamten Prozess der Unterstützung ist:

Die Entscheidungsmacht liegt immer bei der betroffenen Person!

Die Unterstützer_innen können Vorschläge machen und müssen auch die Konsequenzen von Entscheidungen klar und ehrlich darlegen.

Aber die letztgültige Entscheidung treffen die Personen selbst.

Wir haben aus unseren Erfahrungen heraus versucht, diesen kleinen Leitfaden für die Verhinderung von Abschiebungen zusammenzustellen. Und damit unser Wissen weiterzugeben.

Oft konnten wir zusammen mit solidarischen Menschen und dem starken Willen von Betroffenen eine Abschiebung verhindern. Oft mussten wir aber auch mitansehen, dass die Staatsmacht stärker, schneller und hinterhältiger war.

Diese Liste ist nicht vollständig. Wir erheben auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Aber er soll dabei mithelfen, dass Abschiebungen kein legales Mittel der Politik mehr sind.

Der Aufbau des Leitfadens ist nicht zwingend chronologisch. Es ist immer gut, mehrere Punkte gleichzeitig anzugehen. Die Abklärung der rechtlichen Situation sollte aber an eine der ersten

Stellen stehen.

Rechtliche Situation abklären!

Gesetze sind in Paragraphen gegossene Politik. Das „Fremdenrecht“ ist ein paralleler Rechtsrahmen für alle Menschen, die keinen Pass aus einem EU-Land haben. Und das „Fremdenrecht“ zeigt, wie die vorherrschende Politik ausschaut: Schubhaft, Abschiebung, Aufenthalts- und Einreiseverbote; Strafdelikte, die nur „Ausländer_innen“ begehen können.
Das Asylgesetz (AsylG), das „Fremdenpolizeigesetz (FPG) oder das NAG (Niederlassungs- und Aufenthalts-Gesetz) sind schwer verständliche und schwer durchschaubare Gesetzesmaterien. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist: nicht immer kennen sich die Beamt_innen des BFA (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) oder die Fremdenpolizei selbst damit aus. Das bietet einen Spielraum für Menschen, die von Abschiebung oder Schubhaft bedroht sind.

Es gibt Beratungseinrichtungen wie etwa den Diakonie Flüchtlingsdienst, das Zentrum für MigrantInnen in Tirol (ZeMiT) oder FluchtPunkt, die sehr viel Erfahrung in der Vertretung von Menschen in Asyl- oder in anderen aufenthaltsrechtlichen Verfahren haben.

Aus unserer Erfahrung heraus gibt es aber auch Vereine, von denen wir dringend abraten ihre Dienste in Anspruch zu nehmen: so ein Beispiel ist der Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ). Der Name täuscht. Dieser „Verein“ vertritt nicht die Interessen der betroffenen Menschen, sondern die des Innenministeriums. Der Geschäftsführer des VMÖ sitzt regelmäßig in den FRONTEX-Abschiebe-Flugzeugen und hält das alles „menschenrechtskonform“.

Wichtig ist in diesem ersten Schritt abzuklären:

Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es noch?

Und wie hoch sind die Erfolgs-Chancen?

Kontakte:

Diakonie Flüchtlingsdienst

Zentrum für MigrantInnen in Tirol

FluchtPunkt

Unterstützung suchen!

Wo hast Du die betroffene Person kennengelernt?

Beim Deutschkurs im Flüchtlingsheim, beim Arbeiten, beim Ausgehen, beim Straßenzeitungskauf oder in der Schule? Diese Frage beantwortet Dir auch, wo Du dich zuerst um Unterstützung umschauen solltest.

Kennst Du Leute, die dich und vor allem die betroffene Person ohne langes Reden unterstützen?

Am Land gibt es andere soziale Strukturen als in der Stadt. Das gilt es natürlich zu beachten.

Bist Du zum Beispiel in einer Pfarrgemeinde aktiv, suche dort Unterstützung..

Bist Du in einem (Sport)Verein aktiv, suche dort die Unterstützung der Mitglieder und des Vorstandes.

Wenn Kinder (zusammen mit ihren Eltern) von Abschiebung bedroht sind, sind Lehrer_innen, Direktor_innen oder andere Eltern gute Unterstützer_innen.

Wichtig ist: Du sollst Dich nicht alleine fühlen und Menschen um dich scharen, die ähnlich denken wie Du. Dass der Mensch nicht abgeschoben werden darf!

Wichtig ist in diesem Schritt abzuklären:

Wer unterstützt?

In welchem Bereich hilft diese Unterstützung?

In Innsbruck gibt es zum Beispiel einige antirassistische Gruppen, die schon einiges an Erfahrung in diesem Bereich mitbringen. Schreib Ihnen einfach eine email.

Plattform Rechtsberatung

Plattform Bleiberecht Innsbruck

Freedom Seekers

Politische Arbeit

In einer bestimmten Phase ist es gut, sich die Unterstützung von Politiker_innen zu holen. Aber Vorsicht: das kann auch sehr ernüchternd und frustrierend sein!

Wenn in einem kleinen Gemeinde, der/die Bürgermeister_in und (Teile) des Gemeinderates sich gegen die Abschiebung von den betroffenen Menschen aussprechen, kann das sehr viel bedeuten.

Denn Bürgermeister_innen sind meistens in einer Partei. Und sie kenne meistens viele Menschen in Behörden. In Fällen, wo Bürgermeister_innen sehr früh und sehr deutlich NEIN zu Abschiebungen

gesagt haben, ist es für die Betroffenen sehr oft gut ausgegangen. Zum Beispiel in Röthis (Vorarlberg) aber auch in Innsbruck bei der Familie Kirakosyan (http://plattform-bleiberecht.at/abschiebung-der-familie-kirakosyan-gestoppt/)

Politische Arbeit ist aber nicht nur auf die Unterstützung durch PolitikerInnen beschränkt.

Auch Du selbst oder die Unterstützer_innen-Gruppe kann mit dem betroffenen Menschen politische Arbeit und politische Positionen vertreten.

Wie umgehen mit Medien!

Medien sind oft das einzige Mittel um auf die Situation von einem von Abschiebung bedrohten Menschen hinzuweisen. Medien (Zeitungen, Radio, Fernsehen, Internet) übernehmen dabei die Rolle der Informations-Verbreitung. Welche Informationen dabei verbreitet werden, könnt ihr als Unterstützer_in oder Unterstützer_innen-Gruppe aber nur bedingt steuern. Journalist_innen werden immer auch die „andere Seite“ befragen. Die „andere Seite“ sind in diesem Fall die Behörden oder Beamt_innen, die die Abschiebung entschieden haben. Sie werden immer sagen, dass es rechtlich keine Möglichkeit mehr gibt und dass Gesetz vollzogen werden müssen. In dieser Auseinandersetzung ist es sehr schwierig, die Meinungs- und Deutungshoheit zu behalten. Polizei und das BFA werden versuchen, die von Abschiebung bedrohte Person in einem schlechten Licht darzustellen. Und die Staatsmacht verfügt über weit mehr Ressorucen, um Medienarbeit zu machen.

Mit den Füßen Politik machen!

Wenn weder rechtliche noch mediale Unterstützungs-Arbeit erfolgreich war und die Polizei schon vor der Tür steht, kannst Du und deine Freund_innen noch immer „mit den Füßen Politik machen“.

Ziviler Ungehorsam ist manchmal notwendig um auf Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft hinzuweisen. Manchmal reicht schon die bloße Anwesenheit von 10 oder 20 Unterstützer_innen, dass die Polizei erfolglos wieder abzieht. Aber sie wird nicht aufgeben. Deswegen können radikalere Aktionsformen (Sitzblockaden, Menschenketten) nur ein zeitlich begrenztes und in

äußerster Bedrängnis gewähltes Mittel sein, um eine Abschiebung – vorerst- zu verhindern.

Der Bleiberechts-Kampf von Lamin im Mai 2011 in Hall und Innsbruck ist dafür ein gutes Beispiel:

http://plattform-bleiberecht.at/lamin-j-abgeschoben/

 

Anschließend gilt es wieder, gemeinsam mit den Betroffenen Wege und Möglichkeiten „zum bleiben“ zu finden. Auch hier gilt: die Unterstützer_innen können und dürfen nur soweit gehen, als es für die betroffene Person noch eine hilf- und erfolgreiche Unterstützung ist.

Paternalismus (Bevormundung) und Alleingänge von Unterstützer_innen sind zwar oft gut gemeint. Aber eben das Gegenteil von gut!

No border, no nation! Stop deportation!

Für die globale Bewegungsfreiheit aller Menschen!

Für das Recht zu bleiben & für das Recht zu gehen!

Plattform Bleiberecht Innsbruck

2016

www.plattform-bleiberecht.at