INNSBRUCK | 17 – 11 – 2011 | Zwei Psychologen wurden in Innsbruck aus dem Bundesheer entlassen. Offener Rassismus gegenüber einem Rekruten sollte vertuscht werden. Gestern folgten Verurteilungen.
Sanitätszentrum West – Innsbruck, Psychologischer Dienst: Ein junger Türkischstämmiger wird vom Militärarzt zum Psychologen geschickt, da der Rekrut wegen behaupteter Schlafstörungen in der Kaserne um die „Heimschläfer“-Erlaubnis angesucht hatte. Im Raum der Chef der Abteilung und eine diplomierte Psychologin zur psychologischen Exploration. Nach kurzem Gespräch gewinnt die Psychologin offenbar den Eindruck, dass der Rekrut nicht an Schlafstörungen leide und beginnt mit seltsamen Fragen nach der Religionsausübung des Wehrmanns. Anstatt dauernd in die Moschee zu gehen, solle er sich doch lieber ein Jahr freiwillig zum Bundesheer melden, hieß es da unter anderem.
Als der Rekrut dies darauf brüsk von sich wies, wurde es laut: „So einen braucht das österreichische Bundesheer nicht, verpissen Sie sich!“, schrie die Psychologin und verknüpfte seine Zugehörigkeit zur muslimischen Glaubensgemeinschaft mit Schimpfwörtern, die schon zum Schutz der Frau an dieser Stelle nicht mehr abgedruckt werden können.
Dem nicht genug, drohte sie dem Rekruten auch noch, ihm den Bürolocher an den Kopf zu werfen und stieß ihn mit dem Locher am Rücken aus den Räumlichkeiten. Dies sah nicht nur ihr Chef und eine Praktikantin, sondern auch der nächste Rekrut auf der Wartebank – ein ebenfalls türkischstämmiger Wehrmann. Dieser ist der Grund, warum nicht nur die Psychologin, sondern auch ihr Chef fristlos aus dem Bundesheer entlassen wurden.
Soll der Heerespsychologe den Burschen doch mit folgenden Worten geködert haben: „Du hast den Vorfall gesehen. Höre ich von dir etwas, befunde ich dich als Simulanten. Wird der Vorfall bis Montag nicht bekannt, kannst du das Bundesheer aufgrund Attests vorzeitig verlassen.“ „Unglaublich! Da versuche ich jedem zu helfen, dass er früher nach Hause kann, und dann so etwas“, soll der Psychologe auch von sich gegeben haben.
Gestern am Landesgericht saßen die einstigen Heeresmitarbeiter weit voneinander entfernt auf der Anklagebank. Der einstige Chef – wegen versuchter Nötigung, versuchter Begünstigung und versuchter Bestimmung zur falschen Beweisaussage angeklagt – sichtlich mitgenommen und geständig. Die Psychologin zu Beleidigung und Nötigung geständig, aber völlig uneinsichtig.
Fragen von Richter Norbert Hofer beantwortete sie im Stil eines gesellschaftspolitischen Manifests: „Man darf wohl noch seine Meinung sagen. Mir ist die Wahrheit immer lieber. Sie könnten mich auch als Frauenrechtlerin beschimpfen, dann aber eben lieber direkt. Ja, meinen Sie denn, ich könnte in der Türkei oder bei den Arabern offen Frauenrechte einfordern? Und die haben sich umgekehrt eben bei uns auch anzupassen!“ Nach einigen weiteren Wortmeldungen in Richtung „Nebenkultur“ warnte der Richter angesichts anwesender Öffentlichkeit die Angeklagte eindringlich: „Lassen Sie es jetzt besser, ansonsten erfüllen Sie den Tatbestand der Verhetzung!“
Verteidiger Marius Baumann brachte für den Psychologen vor, dass dieser vom offenen Rassismus seiner Kollegin ebenso entsetzt sei und bislang eben nur „in seiner psychologischen Welt“ gelebt habe. Aus diesem Grund wäre er mit der Situation völlig überfordert gewesen. Eine Praktikantin sagte als Zeugin aber aus, dass ihr Chef das Verhalten der Angeklagten damals als durchaus in Ordnung empfunden habe.
Für beide Angeklagten ergingen darauf Urteile über je vier Monate bedingte Haft und 2400 Euro bzw. 1200 Euro Geldstrafe.
Staatsanwältin Karoline Posch-Petrov hatte zuvor rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe als erschwerend befunden. Und konnte sich auch einen Seitenhieb in Richtung des Chefpsychologen nicht verkneifen: „Bei Ihnen passt alles ins Gesamtbild. Sie wollten das alles einfach unter den Tisch kehren!“ Richter Hofer blies ins selbe Horn: „Sie hatten offenbar nicht die geringste Hemmung, Befunde auszustellen, die mit der Wahrheit nichts zu tun haben. Die Angeklagte hat jedoch aus Fremdenfeindlichkeit Rekruten und Religionen beschimpft – eine unglaubliche Entgleisung!“ Beide Angeklagten nahmen die Urteile sofort an. (Tiroler Tageszeitung)