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Entweder Abschieben oder Ausbeuten: Bundeskanzler Olaf Scholz Stellt Seine Asylpolitik Vor

Kürzlich stellte Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Interview mit dem Spiegel die “verschärfte” Asylpolitik der Regierung vor: Dienstwege sollen verkürzt, Abschiebungen beschleunigt werden, und wer nicht abgeschoben werden kann, soll sich bestenfalls ohne Lohn in Deutschland ausbeuten lassen. Nur “Fachkräfte” will der Kanzler noch dulden. Ihnen gestattet er sogar großzügig eine Bezahlung für ihre Arbeit. Wie das Interview die Brutalität kapitalistischer Asylpolitik zeigt. – Ein Kommentar von Rudolf Routhier.

“Unsere Behörden müssen rund um die Uhr erreichbar sein, damit man jemanden wirklich abschieben kann”. So stellte Bundeskanzler Scholz die neue Asylrechtsverschärfung der Bundesregierung in einem Spiegel-Interview vor. Fiebrig fantasiert Scholz von einem gut geölten Beamtenapparat, der Tag und Nacht bereit steht, Menschen aus ihren Wohnungen zu zerren und von ihren Familien zu trennen, einem Deutschland, in dem zwischen Verhaftung und Abschiebung nur wenige Stunden liegen.

Für diejenigen, die in der SPD noch das berühmte kleinere Übel oder sogar eine fortschrittliche Kraft sahen, kam das Interview wie ein Schock. Ein SPD-Politiker schwingt Parolen über “neue Härte in der Flüchtlingspolitik”, die so oder ähnlich auch vom Stammtisch der lokalen AFD kommen könnten. Doch bei genauer Betrachtung ist der angeblich neue Kurs der Bundesregierung weder neu noch überraschend. Auch die Asylrechtsverschärfung steht im Kontext der von Scholz ausgerufenen “Zeitenwende”, wie auch im Kontext des Kapitalismus.

Hetze gegen Migrant:innen

Scholz beginnt das Interview aber nicht, indem er gleich die neue Asylrechtsverschärfung vorstellt. Nein, zuerst muss dafür der Boden bereitet werden. Er versucht dies, indem er natürlich mit dem großen Thema der letzten Wochen beginnt: Hetze gegen Palästinenser:innen und die palästina-solidarische Bewegung. Diese seien nämlich ausnahmslos alle Antisemiten, gegen die man jetzt hart vorgehen müsse.

Wie wir in den letzten Wochen schon sehen konnten, ist dabei anscheinend alles erlaubt: Polizeigewalt, Einschränkung von Grundrechten wie Meinungs- oder Demonstrationsfreiheit und natürlich auch Abschiebungen. Ähnlich verfährt der deutsche Staat mit kurdischen Aktivist:innen und Revolutionärinnen ja schließlich schon seit Jahrzehnten. Zugegeben, wenn man Kurd:innen den Folterkellern des türkischen Faschismus ausliefert, kann man sich schlecht hinter irgendeinem fadenscheinigen “Kampf gegen Antisemitismus” verstecken. Aber wenn man es in diesem Fall kann, ist das natürlich umso besser.

Bevor man jetzt nämlich auf die Idee kommt, dem Kanzler gehe es ehrlich darum, die Jüd:innen in Deutschland zu schützen, leitet dieser nämlich zu seinem eigentlichen Thema über: Abschiebungen. Für diese lässt es sich nämlich einfacher argumentieren, wenn man vorher das Bild von antisemitischen, antidemokratischen Terrorist:innen in die Köpfe der Leser:innen gepflanzt hat. Da wirken Abschiebungen gleich viel heldenhafter als in der Realität.

SPD und Grüne wollen konsequenter abschieben

Doch wie stellt sich Scholz die Asylrechtsverschärfung vor? Kurz gesagt, Deutschland möchte in Zukunft nur noch diejenigen Geflüchteten aufnehmen, die entweder als “Fachkräfte” gut in der deutschen Wirtschaft ausgebeutet werden können, oder politisch Verfolgte, die man zurzeit noch aufnehmen muss. Doch auch daran wird gearbeitet. So soll die Liste der “sicheren” Herkunftsstaaten erweitert werden. Erst kürzlich verteidigte eine Grünen-Politikerin die Abschiebung einer jungen, lesbischen Tunesierin aus Schleswig Holstein, der in ihrem Heimatland Verfolgung droht.

Auch plant Scholz eine gewaltige Aufrüstung im Innern. “Im großen Stil soll abgeschoben” werden. Dafür sollen die Ausländerbehörden digitalisiert, Abschiebeverfahren beschleunigt und zentralisiert werden. Woher das Geld dafür kommen soll, fragt die – sonst so um Finanzen besorgte Regierung – wie schon beim 100 Mrd-Bundeswehretat nicht. Schulen, Jugendämtern, dem Sozialstaat und dem 49 Euro-Ticket werden die Mittel gekürzt, während Polizei, Bundeswehr und Abschiebebehörden hochgerüstet werden. Letztlich sind Menschenleben für den Kapitalismus immer nur so viel wert wie ihre Arbeitskraft. Deutlicher konnte Olaf Scholz das in seinem Interview kaum machen.