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Wachsende Solidarität für in der Türkei inhaftierten Journalisten Max Zirngast

Die türkischen Behörden spielen auf Zeit und verstärken so den Druck auf den seit Dienstag inhaftierten österreichischen Journalisten und jW-Autor Max Zirngast. Bis Redaktionsschluss am Freitag war noch immer kein Anhörungstermin für den in Ankara Festgehaltenen angekündigt, obwohl am Samstag die reguläre Höchstdauer für Untersuchungshaft endet. Eine Verlängerung ist nur auf gesonderten Antrag hin möglich.

Wie das Internetportal Re:volt Magazine, für das Zirngast ebenfalls tätig ist, am Freitag berichtete, wird er durch die Polizei psychologischem Druck ausgesetzt. Nach Angaben von Tamer Dogan, einem der Anwälte Zirngasts, soll er zu einem »freundschaftlichen Vorgespräch« durch die Polizei »eingeladen« worden sein. Dabei sei er auf illegale Art scheinbar Belangloses gefragt worden. Zirngast habe das Gespräch mit Hinweis auf dessen Rechtswidrigkeit abgelehnt und verlangt, seinen Anwalt hinzuzuziehen. Daraufhin sei ihm vorgeworfen worden, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als Diktator »beleidigt« zu haben. Zudem sei ihm die Ausweisung angedroht worden. Die Akte mit der Anklageschrift sei hingegen immer noch unter Verschluss, so Dogan. Das werde damit begründet, dass darin Aufzeichnungen abgehörter Telefongespräche Zirngasts enthalten seien. Re:volt berichtet zudem, dass am Freitag morgen kurzzeitig ein wegen des Verdachts auf Mitgliedschaft in der Dschihadistenmiliz »Islamischer Staat« (IS) Festgenommener in Zirngasts Einzelzelle gebracht worden sei. Das Internetportal spricht in diesem Zusammenhang von »folterähnlichen Methoden«, um den Österreicher zu »zermürben«, weil die Polizei nichts gegen ihn in der Hand habe. Zirngasts Kollegen verurteilen das Vorgehen der Polizei und fordern seine sofortige Freilassung.

Studierende und Mitarbeiter der Universität Wien veröffentlichten am Freitag vormittag eine Solidaritätserklärung für Zirngast, die mehr als 115 Unterschriften trägt. Darin beschreiben sie Zirngast als einen »engagierten und solidarischen Kollegen und exzellenten Studierenden der Universität Wien«, der sich »gegen gesellschaftliches Unrecht sowie für demokratische Rechte eingesetzt« habe. Die bisher zirkulierenden Vorwürfe gegen ihn werden als »haltlos« bezeichnet, sie dienten dazu, kritische Stimmen in der Türkei »einzuschüchtern und mundtot zu machen«. Die Akademiker rufen die österreichische Regierung und Diplomatie dazu auf, nichts unversucht zu lassen, um Zirngasts Freilassung zu erwirken.

Solidaritätsbekundungen gab es auch in Sachsen. Die Teilnehmer einer Beratung über das neue Polizeigesetz nutzten eine Pause am Donnerstag abend und stellten sich zusammen mit der Losung »#FreeMaxZirngast« zu einem Foto auf, das sie anschließend über Twitter verbreiteten. Am Freitag folgte die Belegschaft des Festspielhauses Hellerau bei Dresden mit einer ähnlichen Aktion. Feste und freie Mitarbeiter der Bühne sowie Intendantin Carena Schlewitt posierten für ein Bild, auf dem sie dieselbe Forderung vertraten.

Unterdessen wurde bekannt, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei seinem Deutschland-Besuch Ende September auch in Köln auftreten wird. Laut einer Meldung des Kölner Expresssei am Freitag mittag eine E-Mail des Auswärtigen Amtes beim Polizeipräsidium in Köln eingegangen. In dieser sei den Sicherheitsbehörden bestätigt worden, dass Erdogan am 29. September die Stadt am Rhein besuchen werde. Über das Programm des Staatschefs in Köln sei noch nichts bekannt, da der Polizei noch kein Protokoll vorliege, so ihr Sprecher Carlo Kreitz am Freitag. (Alp Kayserilioglu/JW)