Das der deutsche Staat heute auf den Demonstrationen und Festivals kurdischer, revolutionärer und demokratischer Institutionen Flaggen, Symbole, Essen und Trinken verbietet, ist Ausdruck seiner intensiven Partnerschaft mit der Türkei. Das kann niemand akzeptieren, der sich für die grundlegendsten Menschenrechte und Freiheiten einsetzt. Die Politik und Angriffe des Staates sind ein Ausdruck der Missachtung für demokratische Rechte und Freiheiten. Sie werden undemokratischen, rassistischen und faschistischen Einstellungen wieder verstärkt den Weg bereiten. In diesem Zusammenhang ist auch der Einzug einer rassistischen und faschistischen Partei wie der AfD in das deutsche Parlament kein Zufall.
Die Verbote und Angriffe der deutschen Regierung richten sich gegen alle freiheitlichen und demokratischen Kräfte in diesem Land. Während wir uns gegen den Faschismus und die Unterdrückung aller Menschen in der Türkei wehren, führen wir zugleich einen Kampf gegen die Verbots- und Kriminalisierungspolitik in Deutschland, die aufgrund von ökonomischen, militärischen und politischen Beziehungen mit der Türkei gegen uns angewandt wird.
Mit der Weigerung Erdoğans die Wahlen vom 7. Juni 2015 anzuerkennen begann ein erneuter schmutziger Krieg gegen die HDP, die Kurdinnen und Kurden und die gesamte demokratisch-sozialistische Opposition. Nach dem Putschversuch im letzten Jahr versammelte Erdoğan all seine Vertrauten um sich und wurde mehr und mehr zum Gesicht eines faschistischen Regimes. Seither wird die Türkei im Rahmen des Ausnahmezustandes und durch zahlreiche Dekrete zu einem Gefängnis unter freiem Himmel.
Alle Verfechter von Demokratie, Menschenrechten, der Gleichheit von Mann und Frau, Frieden und Freiheit werden ins Gefängnis geworfen. Alle diejenigen, die sich nicht beugen und zustimmen, werden als Schuldige betrachtet. Neben den HDP-Co-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş, dutzenden Abgeordneten und BürgermeisterInnen wurden auch zehntausende AktivistInnen, ArbeiterInnen, Studierende, AkademikerInnen, JournalistInnen, AutorInnen, KünstlerInnen und Rechtsanwälte festgenommen.
Mit Vorwürfen wie der „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ werden alle inhaftiert, die sich gegen den Faschismus wehren. Die grundlegendsten rechtlichen Normen werden heute in der Türkei mit Füßen getreten und die Gerichte damit zu Handlangern des Diktators Erdoğan.
In einer Atmosphäre von massiver Polizeigewalt, Massenverhaftungen und weit verbreiteter Folter erreichen auch die Fälle von Morden an Frauen, Belästigungen und Vergewaltigungen ein erschreckendes Ausmaß.
Gegen den Repräsentanten der Kurdinnen und Kurden, Abdullah Öcalan, wird seit 19 Jahren eine unvergleichliche Isolationspolitik eingesetzt. Seit mittlerweile 2,5 Jahren befindet er sich komplett ohne Kontakt zur Außenwelt in einer verschärften Form der Isolationshaft. Dieses menschenverachtende System widerspricht jeglichen rechtlichen und menschlichen Grundsätzen. Trotz seiner Haftbedingungen hat sich Abdullah Öcalan stets für das friedliche, demokratische und freie Zusammenleben der Völker eingesetzt.
In den Gefängnissen der Türkei wird versucht den Willen der Inhaftierten zu brechen und sie von ihrer Identität zu entfremden. Durch Folter, Isolationshaft oder den Zwang zur einheitlichen Gefängniskleidung werden die revolutionären und oppositionellen Gefangenen zu Geiseln des türkischen Staates. Der Widerstand im Gefängnis wird einer der entschiedensten Faktoren für den Freiheitskampf der Menschen in der Türkei spielen.
Auch der seit über einem Jahr andauernde Protest von Nuriye Gülmen und Semih Özakça und ihr mehr als 250 Tage andauernder Hungerstreik ist ein wichtiger Teil des Kampfes für die Rechte derer, die aufgrund des Ausnahmezustandes ihre Arbeit verloren haben. Die täglichen Proteste in Ankara halten trotz der täglichen Festnahmen an und tragen ihren Teil zum Widerstand bei.
Erdoğan kann den Krieg gegen die unterschiedlichen Gruppen, Kulturen und Glaubensrichtungen, insbesondere gegen die Kurdinnen und Kurden nur mit der Unterstützung des deutschen Staates führen. Dafür setzt er in der Türkei und in Kurdistan mit Armee, Polizei, Spezialeinheiten, Kampfflugzeugen und Panzern die ganze Macht der türkischen Kriegsmaschinerie ein.
Im Irak und in Syrien sind es die kurdischen Kräfte, die den entschlossensten und erfolgreichsten Kampf gegen den Islamischen Staat führen. Mit seinen Angriffen und Besetzungsplänen in Rojava und Shengal, aber auch durch die Feindschaft gegenüber der PYD, YPG und YPJ stellt Erdoğan ein Risiko für alle Menschen im Mittleren Osten dar.
Erdoğan erhält von Angela Merkel für seine Politik der Spaltung und Feindschaft große Unterstützung und trägt sie heute bis nach Deutschland. Der deutsche Staat unterstützt den türkischen Staat, indem er seine Augen verschließt vor den 6.000 türkischen MIT-Agenten in Deutschland, der Unterstützung Erdoğans für den IS mit seinen verheerenden Folgen für Europa und den Aktivitäten der DITIB. Er unterstützt die Politik Erdoğans außerdem, indem er eine Verbots- und Kriminalisierungspolitik gegen alle kurdischen, revolutionären und demokratischen Kräfte verfolgt. Die Aktivitäten der kurdischen, türkischen und deutschen revolutionären, demokratischen Organisationen in Deutschland sind Ausdruck der demokratisch-freiheitlichen Gesinnung ihrer Mitglieder und Gesellschaften. Mit ihrer Kriminalisierungspolitik gegen diese Gruppen wird Merkel ihr Ziel nicht erreichen. Ganz im Gegenteil werden sich unser Wille und unser Bekenntnis zur Verteidigung von Demokratie, Grundrechten und Freiheit weiter verstärken.
Das seit 1993 andauernde Verbot der PKK hat ebenso wenig eine legitime Grundlage wie die Verbote der Bilder Abdullah Öcalans, kurdischer Flaggen und Symbole. Die Ausweitung der Verbote auf die Flaggen der PYD, YPG und YPG – die weltweit unterstützten Kräfte gegen den IS – ist ein Ausdruck der erweiterten Unterstützung Deutschlands für den Diktator Erdoğan. Deutschland macht sich damit zum Verbündeten der faschistischen AKP-MHP-Koalition, die eine offen kurdenfeindliche Politik verfolgt.
Die Verbote von Fahnen, Essen und Trinken, Bücher- und CD-Ständen auf dem Internationalen Kurdischen Kulturfestival im September oder der Demonstration in Düsseldorf am 4. November diesen Jahres zeigen, dass auch in Deutschland die demokratischen Rechte und Freiheiten zunehmend mit Füßen getreten werden. Als Gegenleistung für die Angriffe Deutschlands auf kurdische und demokratische Organisationen und die Partnerschaft Merkels mit Erdoğan kauft der türkische Staat nun Waffen im Wert von sieben Milliarden Euro vom deutschen Rüstungsunternehmen Rheinmetall.
Im Namen der unten aufgelisteten demokratischen Institutionen, Parteien und Organisationen erklären wir:
Wir werden uns in diesen dunklen Zeiten in der Türkei trotz der Kriminalisierung und Unterdrückung weiterhin nicht dem Faschismus beugen und alle demokratischen Kräfte unterstützen, die sich für Freiheit und Gerechtigkeit einsetzen.
Wir fordern die Freilassung des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalans und aller politischer Gefangener. Für ihre Freilassung werden wir unter allen Bedingungen weiter kämpfen. Wir unterstützen den Widerstand der Inhaftierten in der Türkei gegen die Einführung einheitlicher Häftlingskleidung.
Wir werden unsere Solidarität mit den Kräften der PYD, YPG und YPJ fortsetzen, die als Teil der SDF (Syrian Democratic Forces) gegen den IS und für ein gleichberechtigtes Zusammenleben aller Menschen kämpfen.
Gegen die militärische, ökonomische und politische Unterstützung der Bundesregierung für das faschistische Regime in der Türkei werden wir die Solidarität der Menschen und unseren Widerstand weiter verstärken.
Wir akzeptieren die Verbote und Angriffe gegen Grundrechte wie das Recht auf Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht. Die Einschränkung und Verbote menschlicher Grundbedürfnisse wie Essen und Trinken, der Pflege der eigenen Kultur in Form von Büchern und Musik oder des Ausdrucks politischer Meinungen durch Flaggen, Bilder oder Parolen werden wir durch unseren gemeinsamen Widerstand brechen.
Wir rufen alle Institutionen und Organisationen, die sich für Menschenrechte, Demokratie und Freiheit einsetzen, zum gemeinsamen Widerstand auf.
Unterzeichnende Institutionen und Organisationen
- KCDK-E / Demokratischer Gesellschaftskongress der Kurd*innen in Europa
- AvEG-KON/ Konföderation der unterdrückten MigrantInnen in Europa
- TJK-E/ Die kurdische Frauenbewegung in Europa
- ATIK/ Konföderation der ArbeiterInnen aus der Türkei in Europa
- NAV-DEM / Demokratischer Gesellschaftskongress der Kurd*innen in Deutschland
- HDK-A / Der demokratischer Kongress der Völker – Europa
- BAF / Europäisches Friedensforum gegen Krieg und Diktatur
- ADHK / Konföderation der Demokratischen Rechte in Europa
- Yeni Kadın
- YDG / Neue Demokratische Jugend
- SKB / Union der Sozialistischen Frauen
- YS / Young Struggle
- Yaşanacak Dünya
- MDDK / Mesopotamischer Volkskongress (Assyrer)
- FEDA / Föderation der demokratischen Aleviten
- ADEF / Föderation der demokratischen Dersim-Verbände in Europa
- Ciwanen ve Jinen Ciwanen Azad
- SYKP / Sozialistische Re-Organisierungspartei
- TAJE-E/ Tevgera Jinen Ezidiye Ewurpaye
- FDG / Föderation der Dersim-Verbände in Europa
- CİK / Das Islam-Gesellschaft der Kurden
- NAV-YEK / Ezidische Verbände in Europa
- Yeşil Sol Parti / Grüne Linkspartei
- Devrimci Parti-Avrupa / Revolutionäre Partei – Europa
- ISKU
- YXK / Union der Studierende aus Kurdistan
- KOMEW / die Familien der Vermissten
- Die Gesellschaft der Jesiden aus Shingal
- Die Maras-Initiative in Europa
- Die Kürecik-Initiative in Europa
- Dersim Re-Aufbau
- Düsseldorf für Kürdistan
- IL- Intervenstionische Linke
- FIDEF / Föderation der ArbeiterInnen-Vereine in BRD
- TATORT – KURDISTAN
- AKKUSTAN
- KV Die Linke Düsseldorf
- NRW Landesverband Die Linke
- PYD -Avrupa
- Zagros-Plattform
- PEKAN / Plattform der Kurden aus der Innen-Anatolischen Gebiete in der Türkei
- NOR-ZARTOK
- Plattform der Gefangenen-Stimme
- Kurdistan-Solidaritätskomitee Berlin
- MLPD / Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands
- AZADI e.V
- CENI e.V / Das Kurdische Frauenbüro für Frieden
- Die Partei für Freiheit in Mesopotamien (Assyrer)
- Rat des in Exil Lebenden
- Plattform für Schwarzenmeer in Europa