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Strafprozessordnung verschärft und sofort angewendet

München |13.09.2017| Am 22. Juni 2017 hatte der Bundestag heimlich und ohne öffentliche Debatte das „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ verabschiedet. Dies ist mit schweren Eingriffen in bürgerlich-demokratische Rechte verbunden.

Handstreichartiges Verfahren

Am 7. Juli stimmte der Bundesrat zu, am 24. August trat das Gesetz in Kraft. In einem handstreichartigen Verfahren wurden die Online-Durchsuchung und die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) in die Strafprozessordnung eingeführt.

Bestandteil der Verschärfung ist auch eine Neufassung von § 26 Abs. 1 Satz 2 Strafprozessordnung (StPO), in der die Ablehnung von Richtern wegen Befangenheit geregelt ist. Die Neufassung verkehrt die bisherige Regelung in ihr Gegenteil.

Hohe Strafe für Banu Büyükavci angedroht

Nach mehrwöchiger Sommerpause fand am gestrigen 11. September wieder eine Verhandlung im Münchener TKP/ML-Prozess statt. Unmittelbar vorher wurde bekannt, dass der Antrag von Dr. Banu Büyükavci auf Haftentlassung durch den sogenannten „Staatsschutzsenat“ abgelehnt wurde. Sie ist – ebenso wie die anderen neun angeklagten Genossen – seit fast zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft.

Das Gericht folgte vollständig der Argumentation der Bundesanwaltschaft. Es führte aus, dass sie mit einer hohen Freiheitsstrafe zu rechnen hat, da sie sich in ihren bisherigen Äußerungen nicht von den Zielen der TKP/ML distanziert hätte.

Eintreten für Sozialismus/Kommunismus strafverschärfend

Nach der Anklageschrift ist das Ziel der TKP/ML der Sozialismus/Kommunismus auf revolutionärem Weg. Während das Eintreten dafür strafverschärfend bewertet wurde, findet sich in dem Beschluss kein einziges Wort der Kritik am faschistischen Charakter des Erdogan-Regimes.

Die Verteidigung hat deshalb die Richterinnen und Richter wegen Befangenheit abgelehnt. In mehreren Beschlüssen verweigerte das Gericht jedoch, dass seitens der Verteidigung die vorbereitete Begründung der Befangenheitsanträge geäußert und damit auch der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden konnte.

Damit wird aber auch die generelle Zielsetzung dieser Verschärfung deutlich, die vor allem in politischen Prozessen gegen fortschrittliche, antifaschistische und revolutionäre Kräfte zur Anwendung kommen soll.

Am 15. September Protestkundgebung

Zwei Angeklagte und zwei Verteidiger im Münchner Prozess kandidieren für die Internationalistische Liste/MLPD, die konsequent für demokratische Rechte und Freiheiten und gegen Repression und Bespitzelung eintritt.

Ein breites Bündnis demonstriert regelmäßig für die Freilassung der Gefangenen. Am Freitag, 15. September, wird ab 11Uhr vor dem Oberlandesgericht München, Nymphenburgerstraße 16, eine große Kundgebung und Demonstration stattfinden. (von Roland Meisner – Rote Fahne)