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Gericht erpresst psychisch erkrankten Angeklagten

Die bürgerlichen Medien nehmen kaum Notiz davon, dass zehn türkische Revolutionärinnen und Revolutionäre der ATIF (Föderation der Arbeiter aus der Türkei in Deutschland) im April 2015 allein wegen ihrer Gesinnung verhaftet wurden und seit einem Jahr vor Gericht stehen. Ihnen wird keinerlei konkrete Straftat vorgeworfen. Der Grund ihrer Inhaftierung ist der Vorwurf der Mitgliedschaft in der TKP/ML (Kommunistische Partei der Türkei/Marxistisch-Leninistisch). Sie ist in Deutschland nicht einmal verboten, sehr wohl aber in der Türkei.

Ein solches Staatsschutz-Verfahren ist nur durch eine so genannte „Verfolgungsermächtigung“ möglich, die das Bundesjustizministerium ausgibt. Damit ist klar, dass der Prozess politischen Charakter hat und Teil des Rechtsrucks der Regierung ist – in enger Zusammenarbeit mit dem faschistischen Erdogan-Regime in der Türkei.

Wir begreifen dieses Verfahren als Auftragsarbeit für den türkischen Staatspräsidenten Erdogan.

Anwälte der Angeklagten

Die Verteidiger in dem Prozess schreiben auf ihrer Webseite www.tkpml-prozess-129b.de: „Wir begreifen dieses Verfahren als Auftragsarbeit für den türkischen Staatspräsidenten Erdogan.“

Das ist richtig, allerdings verfolgt die Bundesregierung mit diesem Prozess auch eigene Ziele: Das bewusste Vorgehen gegen revolutionäre, fortschrittliche und marxistisch-leninistische Kräfte in Deutschland. Die Gefangenen waren teilweise bereits in der Türkei inhaftiert, wurden gefoltert und sind von der möglicherweise bald wieder geltenden Todesstrafe bedroht. Ihr Gesundheitszustand ist teilweise besorgniserregend. Darauf nimmt das Gericht aber keine Rücksicht.

Dazu erklärte Rechtsanwalt Frank Jasenski gegenüber rf-news: „Wir haben vor zwei Monaten einen Haftentlassungsantrag für den Angeklagten Mehmet Yeşilçalı gestellt, weil er nach zwei Jahren Untersuchungshaft ernsthaft psychisch krank ist und weil die Anklage gegen ihn auf höchstens drei Jahre Haft hinaus läuft. Ein Gutachten ergab unter anderem, dass er dringend eine Therapie braucht, was aber bis heute nicht ermöglicht wird. Der Vorsitzende Richter hat nun versucht, die Krankheit des Angeklagten auszunutzen, um von ihm ein Geständnis zu erpressen.

Ein Deal mit Mehmet Yeşilçalı?

Der Richter forderte die Bundesanwaltschaft auf, ihm einen Deal anzubieten: Wenn er eine Aussage machen würde, mit der er sich und damit indirekt auch die Mitangeklagten beschuldigen würde, könnte er mit Entlassung rechnen. Dieser Deal wurde entgegen den Regeln des Strafgesetzbuches hinter dem Rücken der übrigen Angeklagten und der Verteidigung versucht. Er soll die Haltlosigkeit der Anklage überspielen.“

Verteidigung stellt Befangenheitsantrag

Dieser Deal ist aber an der unbeugsamen Haltung von Mehmet Yeşilçalı und der anderen Angeklagten gescheitert. Im Gegenzug stellte die Verteidigung von Mehmet Yeşilçalı für ihren Mandanten einen Befangenheitsantrag gegen die fünf Richter und Richterinnen. Sie erklären dazu: „Anlass für diesen Antrag waren eine ganze Reihe von Entscheidungen und Verhaltensweisen des Gerichts, die Herr Yeşilçalı nur so werten konnte, dass das Gericht gegen ihn eine zunehmend feindliche Haltung eingenommen hat und nun versucht, seine sehr schlechte gesundheitliche Verfassung dafür auszunutzen, ihn zu einem Geständnis zu erpressen.“

Denken Sie, dass wir aus Angst unsere Freunde denunzieren? Sie träumen!

Müslüm Elma

Und am 2. Juni 2017 erklärte der Angeklagte Müslüm Elma im Namen der anderen Angeklagten: „Denken Sie, dass wir aus Angst vor Ihren Strafandrohungen unsere Freunde, mit denen wir Jahre lang unser Leid und unsere Freuden teilten, denunzieren würden? Was sollen wir machen, die faschistische türkische Republik als eine demokratische Republik bezeichnen, oder was? … Sie träumen!“ Alle Angeklagten schlossen sich dem Befangenheitsantrag an.

Erhan Aktürk und Deniz Pektaş Kandidaten der Internationalistischen Liste/MLPD

Es ist notwendig, den Protest gegen diesen antikommunistischen Unterdrückungsprozess noch stärker an die Öffentlichkeit zu tragen und die Solidarität mit den Gefangenen zu organisieren. Zwei der Angeklagten, Erhan Aktürk und Deniz Pektaş kandidieren auch für die Internationalistische Liste/MLPD bei der Bundestagswahl. Das Internationalistische Bündnis verpflichtet sich damit auch zur Solidarität mit allen Angeklagten.

Protest- und Solidaritätserklärungen sind an den 7. Strafsenat des OLG München, Prielmayerstraße 5, 80335 München, zu richten. Kopien bitte an die Verteidiger unter info@anwalthoffmann.de.

Quelle: Rote Fahne