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Freiheit für Kemal Çiçek

DEUTSCHLAND | 03 – 05 – 2012 | Am 28. und 29. April hielt Prof.  Dr. Kemal Cicek, als Genozidleugner „qua Amt“ – er ist Vorsitzender der  offiziösen staatsnahen Historikerkommission der Türkei – international  berüchtigt, zwei Vorträge in Köln und Frankfurt am Main über das  „Armenierproblem“. Die Veranstaltungen wurden von DITIB – Türkisch  Islamische Union der Anstalt für Religion e.V. – organisiert. Der  Istanbuler Zweig des Menschenrechtsvereins der Türkei (IHD) hat inzwischen  Strafanzeige gegen Cicek wegen Volksverhetzung (Art. 216 StGB/Türkei)  erstattet, weil der oberste Hüter der türkischen Geschichtsdoktrin im  türkischen Fernsehen einen Armenier türkischer Staatszugehörigkeit  öffentlich mit dem Tod bzw. Deportation bedroht hat.

Bei DITIB  handelt es sich um eine  türkisch-staatliche Organisation, die vorgibt, mit dem Grundgesetz der  Bundesrepublik Deutschland im Einklang zu stehen, die sich zur  freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennt, die stets Wert auf  Toleranz und Solidarität der Menschen untereinander und gegenüber anderen  Glaubensangehörigen legt und so die Integration fördert: So lauten  zumindest die Grundsätze dieses Vereins.

Trotz dieser Grundsätze werden  Vorträge gehalten, Bücher präsentiert, Veranstaltungen organisiert, die  das „Verbrechen gegen die Menschheit“, den Genozid an Armeniern, Aramäern,  Assyrern und Griechen osmanischer Staatszugehörigkeit durch die Jungtürken  leugnen.  Der Massenmord an  über drei Millionen Menschen wird systematisch geleugnet, verharmlost oder  zur patriotischen Befreiungstat umgedeutet!

Aber nicht nur  das.

Unsere Politiker fungieren als  Schirmherren und halten Lobreden, wie z.B. Ex-Bundeskanzler Gerhard  Schröder (SPD), der vorbereitet war, die Laudatio auf den  Steiger-Award-Preisträger Recep Tayyip Erdogan zu halten, oder der  hessische Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn (FDP), der die  Schirmherrschaft über die „Deutsch-Türkische Kulturolympiade“ übernommen  hat, die dem Netzwerk der rassistisch geprägten Fethullah Gülen Stiftung  nahe steht.

So werden also Preise für den  türkischen Regierungschef (nur durch massenhafte öffentliche Proteste  verhindert) und Propagandaveranstaltungen eines Hasspredigers wie Gülen  gefördert.

Das sind Männer, die permanent  damit beschäftigt sind, ihre Anhänger in der Türkei, aber auch hier in  Deutschland für ihre Pläne zu gewinnen, mit militärischen, teilweise  grenzüberschreitenden Vernichtungsaktionen gegen die restlichen  Minderheiten (kurdische, armenische, aramäisch/assyrische  Bevölkerungsgruppen – aber ebenso religiöse, nichtislamische Gruppierungen  wie Christen, Jesiden, Aleviten) vorzugehen. Die noch in der Türkei  lebenden Pontosgriechen werden in diesem Zusammenhang nicht mehr erwähnt,  da diese Bevölkerungsgruppe dort schon längst zwangsislamisiert wurde.

Die oben Genannten, in Deutschland  hofiert und geehrt, tragen dazu bei, dass bis heute in der Türkei  Minderheiten missbraucht und ermordet werden – so sitzen etwa zur Zeit  über 2600 kurdische Kinder in türkischen Gefängnissen, hilflos  ausgeliefert der Folter und Vergewaltigung.[1]

Diese Leute tragen ebenfalls dazu  bei, Kulturgüter mit allen Mitteln der Gewalt zu zerstören und zu  enteignen. Jahrtausende alte Kirchen werden in Moscheen bzw. Restaurants  umgewandelt (z.B. die Heilige Apostelkirche in Urfa, ehemals Edessa oder  aramäisch Urhoy, wurde zu Firfili-Moschee). Es handelt sich bei diesem  Gotteshaus übrigens um jene armenisch-apostolische Kathedrale, in der am  25. Dezember 1895 über dreitausend Zuflucht suchende Armenier lebendig  verbrannt wurden (von einer US-amerikanischen Augenzeugin als Holocaust  bezeichnet); während des Ersten Weltkrieges richtete sich die osmanische  Armee in diesem Gotteshaus ein Bordell mit armenischen Mädchen und Frauen  ein.
Gegenwärtig droht Mor Gabriel,  einem der ältesten christlichen Klöster der Welt, die gerichtlich durch  alle türkischen Instanzen bekräftigte Enteignung seines  Landbesitzes.

Welche Grundsätze gelten in  Deutschland? Wie kann hierzulande ein Integrationsminister die  Schirmherrschaft über eine derart menschenverachtende  Propagandaveranstaltung wie am vergangenen Wochenende  übernehmen?

Welche Prinzipien verfolgen die  Bundes- und Landesregierungen im Bezug auf Integration und wie wird  überhaupt  Integration  definiert? Welche Werte werden hier in den Vordergrund  gestellt?

Die unterzeichnenden Vereine und  Verbände vertreten einen aktiven Teil unserer Gesellschaft. Wir fordern  eine transparente und eine wirklich integrationsorientierte  Politik.

Deutschland ist ein  Einwanderungsland und hat sich allmählich von einem Gastarbeiterland zu  einem Land mit gesteuerter Zuwanderung entwickelt. Um eine erfolgreiche  Integrationspolitik zu betreiben, muss vor allem eine transparente Basis  geschaffen werden, indem die Zuwanderer aufgeklärt werden: über ihr neues  Aufenthaltsland, ebenso aber auch über Tradition und Geschichte ihrer  Herkunftsländer. Nur wer seine eigene Geschichte umfassend und  uneingeschränkt kennt, kann den anderen Respekt und Anerkennung erweisen.  Durch die Leugnung oder revisionistische Umdeutung historischer Tatsachen,  insbesondere wenn es sich um höchste Staatsverbrechen wie Völkermord  handelt, werden Zuwanderergemeinschaften vielmehr gegeneinander  aufgehetzt. Demzufolge wird die Gesellschaft Deutschlands polarisiert und  zwiegespalten, der öffentliche Friede gefährdet.

Integration ist keine  Einbahnstraße.

Wir fordern eine Zukunft ohne  Hasspredigten und einen versachlichten Dialog aller  Minderheiten.
Wir fordern die Anerkennung des  Völkermordes an den Armeniern, Aramäern/Assyrern sowie Griechen  Kleinasiens und Ostthrakiens, durch die Parlamente der Türkei und  Deutschlands.
Wir fordern ein Gesetz gegen die  Leugnung von Völkermord.
Wir fordern die Übernahme des  Themas Völkermord in deutsche Schulbücher und Lehrpläne.
Wir fordern gleiche Rechte und  Gleichbehandlung für jede Ethnie in der Bundesrepublik Deutschland.

In einem demokratischen Rechtsstaat  wie der Bundesrepublik Deutschland darf kein Raum sein für  integrationsfeindliche Propaganda.

„Denn Frieden und gesundes  Miteinander kann nur dann erreicht werden, wenn Informationsquellen über  die Vergangenheit einer Nation geteilt werden und Nationen offen über die  Vergangenheit reden können.
Nur auf diese Weise kann  gegenseitiges Verständnis und ein Dialog entstehen, an Stelle von  Hass.“

Wie fordern Anerkennung und  Aufklärung!

Hochachtungsvoll

ADHK – Konföderation für  Demokratische Rechte in Europa
AGIF – Föderation der  Arbeiterimmigrant /innen in Deutschland e.V.
Arbeitsgruppe Anerkennung–Gegen  Genozid, für Völkerverständigung e.V.
Armenische Gemeinde zu Köln  e.V.
Assembly of Armenians in Europe-Sektion Deutschland  (AAE)
Assyrian Democratic Organization (ADO)
Assyriska Riksförbundet i Sverige  (ARS)
Bundesarbeitsgemeinschaft der  Immigrantenverbände – BAGIV e.V.
Cenî – Kurdisches Frauenbüro für  Frieden e.V.
CÎK-Föderation der Kurdischen  Muslimischen Gemeinschaften in Europa e.V.
Der Europäische Friedensrat  Türkei/Kurdistan
Deutsche Kurdische Kultur Bund  e.V.
DIDF – Föderation Demokratischer  Arbeitervereine
FEDA – Föderation der  Demokratischen Aleviten e.V.
FKE – Föderation der Yezidischen  Vereine e.V.
Föderation der Arbeiter aus der  Türkei in Deutschland e.V.
Föderation der Dersim Gemeinden in  Europa e.V.
Föderation Kurdischer Vereine in  Deutschland YEK-KOM e.V.
Gesellschaft für bedrohte Völker  e.V. (GfbV)
KOMCIWAN – Kurdischer Kinder und  Jugendverband e.V.
KOMJIN – Verband der Frauen aus  Kurdistan e.V.
KOMKAR – Verband der Vereine aus  Kurdistan e.V.
Kurdische Gemeinde in Deutschland  e.V.
Kurdisches Institut in  Deutschland
Panepirotischer Verband Europas  e.V.
Seyfo Center
TÜDAY – Menschenrechtsverein  Türkei/Deutschland e.V.
Verband der Vereine der Griechen  aus Pontos in Europa e.V.
Verband Griechischer Gemeinden –  OEK e.V.
YEKMAL e.V. – Kurdischer  Elternverein
YMK – Verein der Kurdischen Lehrer  in Europa e.V.
YXK- Dachverband der Studierenden  aus Kurdistan in Europa e.V.
Zentralrat der Armenier in  Deutschland e.V.Zentralverband der Assyrer in  Deutschland und Europa e.V.

[1]Quelle: Spiegel, 23.04.2010, Frankfurter  Rundschau, 13.03.2012, SWR, ARD Mediathek, Europamagazin,  21.04.2012

Diese Berief ist nach:

Presse
An den Deutschen Bundestag
Präsidium

An die Bundesregierung
z.Hd. Bundesminister des Innern Dr. Hans-Peter  Friedrich
z.Hd. Staatsministerin Maria Böhmer

An die Landesregierung
Nordrhein-Westfalen
z.Hd. Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales, Guntram  Schneider

An die hessische Landesregierung
z. Hd. Ministerium der Justiz, für Integration und Europa,  Jörg-Uwe Hahn