STUTTGART | 27 – 01 – 2010 | Am 23. Januar fand im Stuttgarter Arbeiterbildungszentrum eine Solidaritätsveranstaltung für die streikenden Tekel-Arbeitern in der Türkei statt. Eine türkischstämmige Stuttgarterin berichtete lebendig über die Erlebnisse ihrer Kurzreise nach Ankara vom Wochenende zuvor. Über 100 interessierte Gäste informierten sich über die Situation und wurden kulinarisch versorgt von den zwei Migrantenvereinen BIR-KAR und ATIF sowie der MLPD.
Über 40 Tage streiken bereits die Bediensteten des ehemals staatlichen Tabak- und Alkoholkonzerns Tekel. Er wurde privatisiert auf Druck des IWF. Die Hälfte der Arbeitsplätze soll so verloren gehen. Wochenendarbeit normal werden und die Löhne halbiert. Bezahlt werden nur noch zwei Krankheitstage im Jahr. Lediglich ein Tag im Monat steht den ArbeiterInnen zur freien Verfügung. Feste Arbeitszeiten soll es nicht mehr geben – man arbeitet, bis die Aufträge erledigt sind, ob acht, zehn oder 14 Stunden am Tag.
Wenn die Aufträge ausbleiben, so muss die Belegschaft zu Hause bleiben, ohne Lohnausgleich. Das hat Massenkämpfe ausgelöst, von denen die bürgerlichen Medien weder in der Türkei noch international berichten. 15.000 Streikende sind aus den verschiedensten Standorten in der ganzen Türkei nach Ankara gezogen. Knüppel, Pfeffergas und Wasserwerfer mit Gulliwasser aus der Kanalisation setzte der Staatsapparat gegen die Demonstranten ein. Die Streikenden sah man in einem mitgebrachten Video rufen: „Lieber sterben – als nachgeben!“ Sie weichen nicht. Dabei bekommen sie viel Unterstützung, so dass eine Demonstration von über 100.000 Menschen statt fand.
Inzwischen haben erstmals die großen sechs Gewerkschaftsverbände der Türkei gemeinsam ein Ultimatum an die Regierung gestellt und wollen zum Generalstreik aufrufen. Die Berichterstatterin konnte auf der Massendemonstration in Ankara eine Ansprache halten. Sie endete mit dem Ruf: „Es lebe der echte Sozialismus, die Zukunft aller Arbeiter.“ Tief bewegt erzählte sie von der gewaltigen Resonanz und Begeisterung zu dieser Losung. „Das hätte ich nie so erwartet.“ (RF News)