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Merkel/Westerwelle-Regierung spielt in der Atompolitik auf Zeit

3932683940_16ece072aaBERLIN | 13 – 01 – 2010 | Vehement hatten CDU, CSU und FDP im Bundestagswahlkampf für die Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke getrommelt. Eine entsprechende Erweiterung des so genannten „Atomkonsens“, den die Schröder/Fischer-Regierung im Jahre 2000 mit den Energie-Konzernen vereinbart hatte, wurde als eine der ersten Maßnahmen der „schwarz-gelben“ Koalition angekündigt. Schon kurz vor der Wahl richtete sich dagegen die größte Anti-AKW-Demonstration seit der Katastrophe von Tschernobyl 1986. Rund 50.000 Demonstranten machten am 5. September in Berlin deutlich, dass sie diese menschenverachtenden Pläne nicht hinnehmen wollen.

So forsch die Ankündigungen waren, so zerstritten ist die Merkel/Westerwelle-Regierung mittlerweile auch bei der Umsetzung der AKW-Laufzeitverlängerung. Auch wenn es in Nordrhein-Westfalen keine Atomkraftwerke mehr gibt, die im Betrieb sind, möchte die Bundesregierung genauso wie die im Land regierende CDU/FDP-Regierung das Thema möglichst vor der Landtagswahl im Mai auf Sparflamme kochen. Erst im Oktober will deshalb Bundesumweltminister Nobert Röttgen (CDU) ein „nationales Energiekonzept“ vorlegen.

„Die Daten und Analysen liegen doch längst vor. Jetzt geht es um konkretes Handeln“, wettert Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) gegen die Verzögerungs-Taktik von Röttgen. Damit macht er sich zum Fürsprecher der Energiekonzerne, die nicht so lange warten wollen. „Das Thema muss zügig behandelt werden. Wenn die Gespräche erst im Oktober beginnen, hält die Verunsicherung im Markt bis weit ins Jahr 2011 an. Das ist nicht zu verantworten“, mahnt Stephan Kohler, Chef der Deutschen Energie-Agentur (Dena) mit Blick auf die von den Konzernen erwarteten Extraprofite aufgrund der Laufzeitverlängerung. 

Auch wenn die Bundesregierung gegenwärtig in dieser Frage auf Zeit spielt, heißt das noch lange nicht, dass sie von ihren Plänen Abstand genommen hat. Dafür steht auch die Ernennung von Gerald Hennenhöfer zum Leiter der Abteilung Nuklearsicherheit im Umweltministerium. Dieses Amt hatte Hennenhöfer bereits inne, als die Kanzlerin noch Umweltministerin der Kohl-Regierung war. Er wechselte dann zum Energiekonzern Viag (heute Eon) und handelte im Auftrag der Energiekonzerne mit dem Grünen-Umweltminister Trittin den „Atomkonsens“ aus – ein ausgemachter Betrug gegenüber der Anti-AKW-Bewegung, der den Ausstieg aus der Atomkraft mit allerlei Hintertürchen auf unbestimmte Zeit verschob. Nun soll Hennenhöfer ausgerechnet über die Sicherheit der AKW’s wachen. So was nennt man „Den Bock zum Gärtner machen“.

Die Vertagung der konkreten Durchsetzung der von einer großen Mehrheit der Bevölkerung abgelehnten AKW-Laufzeitverlängerung zeigt vor allem die Schwäche der Regierung in dieser Frage. Ein breiter Massenwiderstand kann ihre Pläne zu Fall bringen und statt dessen die sofortige Abschaltung aller Atomanlagen durchsetzen. Für den Aufbau einer solchen Widerstandsfront ist eine geduldige Arbeit in Betrieben, in den Stadtteilen und Universitäten notwendig.

Auch die bevorstehenden Aktionen der Anti-AKW-Bewegung können genutzt werden, diesen Gedanken voranzubringen. Für den 6. Februar ist in Hameln eine Demonstration gegen Atomtransporte aus der britischen Atomfabrik Sellafield ins niedersächsische AKW Grohnde geplant, am 27. März ein bundesweiter Aktionstag gegen die Energiekonzerne sowie zum Tschernobyl-Jahrestag am 24. April ein Traktor-Treck zum AKW Krümmel und eine Großdemo in Ahaus. (RF News)