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Von Susan Bonath: Jeder Schuss ein Plus

860x860DEUTSCHLAND | Rüstungsexportbericht der Bundesregierung: Deutsche Konzerne verzehnfachen Erlöse bei Ausfuhr von Munition. Türkei und Saudi-Arabien unter wichtigsten Abnehmern

Das Morden mit deutschen Waffen beschert den Rüstungskonzernen wachsende Profite. Laut einem am Dienstag bekanntgewordenen Bericht von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Bundesregierung im ersten Halbjahr 2016 Rüstungsexporte mit einem Gesamtwert von mehr als vier Milliarden Euro genehmigt. Das ist gut eine halbe Milliarde mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Alleine das Volumen der Ausfuhr von Munition für Kleinwaffen, wie Maschinenpistolen, stieg demnach auf mehr als das Zehnfache von 27 auf rund 284 Millionen Euro. Damit werden weltweit in Kriegen die meisten Zivilisten getötet. Am heutigen Mittwoch will das Bundeskabinett über das Papier beraten.

Größter Posten war laut Bericht eine Fregatte für Algerien für eine halbe Milliarde Euro. Damit führt das nordafrikanische Land die Liste an, direkt gefolgt von den USA. Zu einem der zehn wichtigsten Abnehmer deutschen Kriegsgeräts ist die Türkei aufgestiegen. Sie rückte seit 2014 von Rang 25 auf den achten Platz vor – zwischen Januar und Juni dieses Jahres kaufte sie deutschen Konzernen Kriegsgerät im Wert von 76,4 Millionen Euro ab. Zu zwei Dritteln handele es sich dabei um Teile und Triebwerke für Kampfflugzeuge, Drohnen und Bodenfahrzeuge.

Den siebten Platz belegten die Arabischen Emirate. Sie bescherten der deutschen Kriegswirtschaft einen Umsatz von 85 Millionen Euro, doppelt soviel wie im Vorjahr, und rückten damit von Rang 13 auf. Saudi-Arabien bleibt derweil an dritter Stelle. Der Gesamtwert der Lieferungen in das islamische Königreich kletterte binnen Jahresfrist auf 484 Millionen Euro, womit er sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdreifachte. Vor allem Kampfhubschrauber und -flugzeuge gingen an das saudiarabische Regime, dem vorgeworfen wird, den IS und IS-nahe Kampfgruppen zu unterstützen.

Auch in anderen Konflikte werden deutsche Waffen eingesetzt. So belege Südkorea den vierten Platz auf der Skala. Das Land, das sich angeblich »vor dem kommunistischen Norden schützen« müsse, importierte laut Bericht vor allem Kampfschiffe, U-Boot-Teile, Raketen und -abwehrsysteme sowie Teile für Panzer, Hubschrauber und Flugzeuge im Gesamtwert von 205 Millionen Euro. Weitere wichtige Bestimmungsländer für deutsche Waffen waren Polen, Frankreich und der Irak.

Bereits 2015 war das Jahresvolumen deutscher Kriegsexporte um mehr als eine Milliarde auf knapp 7,9 Milliarden Euro gestiegen. SPD-Minister Gabriel wurde deshalb vielfach kritisiert. Da wundert es nicht, dass er eine geheim arbeitende Regierungskommission ins Leben gerufen hat, die mit Vertretern seines Wirtschaftsressorts besetzt sein und ein neues Rüstungsexportrecht erarbeiten soll, was vorige Woche bekanntgeworden war. Bereits bei ihrem ersten Treffen am 7. Oktober hatte sie nicht öffentlich beraten, einen Abschlussbericht soll es nicht geben.

Gabriel habe die größte Zunahme der Waffenexporte in der Geschichte der Bundesrepublik zu verantworten, kritisierte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jan van Aken. Hinzu komme, dass der Bericht keine Sammelausfuhrgenehmigungen berücksichtige. »Diese machen noch mal ein bis zwei Milliarden Euro aus.« Beunruhigend seien wachsende Exporte in die Türkei und nach Saudi-Arabien. Erstere riskiere derzeit im Irak eine militärische Eskalation. »Und Saudi-­Arabien führt einen brutalen Krieg im Jemen«, so van Aken. Hier mache sich die Bundesregierung mitschuldig. (Quelle: Junge Welt)