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20 Jahre Wiedervereinigung: Ein Grund zum Feiern – und zum Nachdenken

D_einigDEUTSCHLAND | 05 – 10 – 2009 | Am 3. Oktober beschloss 1990 die DDR-Volkskammer den Beitritt zur Bundesrepublik. Nachdem die Adenauer-Regierung 1949 Deutschland gespalten hatte, erkämpfte die demokratische Volksbewegung in der DDR die Wiedervereinigung. Das war ein historischer Erfolg, der die Kraft eines kämpfenden Volkes zeigt. Den offiziellen Jubelreden und dem Antikommunismus der bürgerlichen Parteien kann die Mehrheit der Bevölkerung in Ost und West aber nicht zustimmen. Wie sieht es aus mit deren einst großen Prophezeiungen, die in Ostdeutschland „blühende Landschaften“ versprachen?

Wohlstand für alle – weit gefehlt in Ost und West! Niedriglöhne, Leiharbeit und Hartz IV betreffen immer mehr. An der Reisefreiheit können immer weniger Menschen teilhaben. Fernreisen sind möglich, wenn man das Geld dafür hat. Arbeitslosen und Asylbewerbern ist die Freizügigkeit beschnitten. Bessere Umwelt? Die Flüsse sind sauberer geworden. Andererseits treiben wir auf eine weltweite Klimakatastrophe zu.

Freie Wahlen? Die 5-Prozent-Klausel lässt bundesweit Hunderttausende Stimmen unter den Tisch fallen. Wir haben viele Fernsehprogramme, aber einen fast lückenlosen Medienboykott gegen die MLPD. Politische Freiheiten überhaupt? In immer mehr Betrieben werden den Beschäftigten selbst gewerkschaftliche Rechte und die Wahl eines Betriebsrats verwehrt. Schäubles Pläne zur Telefon- und Internetüberwachung würde Erich Mielke vor Neid erblassen lassen, und der Einsatz der Bundeswehr im Innern wird vorbereitet.

Der Linkstrend der Bevölkerung in ganz Deutschland zeigt die Offenheit für den Sozialismus. Paul van Dyks Lied „Wir sind wir“ trifft die Stimmung im Osten Deutschlands ganz gut. Wie bei einem Puzzle-Spiel sehen die Menschen viele Dinge, aber es gelingt ihnen noch nicht, ein vollständiges Bild zusammenzusetzen. Was war das für ein politisches System, das 1989/90 zusammenbrach? Es war kein „real existierender Sozialismus“ – die viel versprechenden Anfänge in der DDR wurden schon 1956 mit der Wiederherstellung eines bürokratischen Kapitalismus erstickt. Der Bau der Mauer 1961 war eine Bankrotterklärung der SED-Spitze.

Als die Leipziger 1989 in immer größerer Zahl zu den Montagsdemos kamen, ging es ihnen um grundlegende Reformen. Sie riskierten viel, die SED-Spitze bereitete die „chinesische Lösung“ vor, den Einsatz von Waffengewalt wie in Peking mit dem Massaker am 5. Juni 1989. Vor dem Hintergrund der damaligen historischen innen- und außenpolitischen Konstellation verweigerte der damalige Staatschef der Sowjetunion, Michail Gorbatschow dem SED-Regime dafür die Unterstützung. Die Regierung und Monopole der BRD konnten diese Situation nutzen, sich die zusammengebrochene DDR unter den Nagel zu reißen.

„Das Volk sind wir“ diese selbstbewusste Parole der demokratischen Volksbewegung ist heute noch aktuell und wurde Markenzeichen der 2004 entstandenen und bis heute ununterbrochen fortgesetzen Montagsdemonstrationsbewegung gegen Hartz-IV. Die Herrschenden denken gar nicht daran, die Einheit des Volkes wirklich herzustellen. Ihr Motto ist in Wahrheit „teile und herrsche“, so wie damals vor 60 Jahren Adenauer aus reinen Machtgründen die Teilung Deutschlands betrieb, um den Aufbau eines demokratischen, antimilitaristischen Deutschland zu verhindern.

Es ist ein Skandal, dass es heute erst in zwei Branchen bundesweit gleiche Löhne gibt. Wir brauchen die Arbeitereinheit in Ost und West, gegen die Spaltung der Herrschenden. Eine einige deutsche Arbeiterbewegung kann aus dem reichen Erfahrungsschatz mit den sozialistischen Anfängen, dem bürokratischen Kapitalismus wie mit dem staatsmonopolistischen Kapitalismus heute viele Lehren ziehen für einen neuen Anlauf für den Kampf um den echten Sozialismus.

Quelle: Rote Fahne